1000km-Rennen Nürburgring 1981

Das 27. 1000 km - Rennen auf dem Nürburgring sollte eine grosse Veranstaltung werden - und die Vorzeichen dazu standen gut. Jöst brachte einen Porsche 936 in die Eifel, der offiziell kein 936 sein durfte und deshalb die Bezeichnung 908/80 trug. Teamkollege war der Porsche-Werks-Fahrer Jochen Mass. Zakspeed karrte den Super-Capri an und besetzte ihn mit der absoluten Top-Paarung Winkelhock/Niedzwiedz. Hans Joachim Stuck und der amtierende Formel-1-Weltmeister Nelson Piquet pilotierten den Sauber BMW M1 von GS-Tuning. Lancia brachte gleich drei Werks-Beta-Montecarlo an den Start, die u. a. von Heyer, Patrese, Pescarolo, Cheever und de Cesaris gefahren wurden. Jürgen Barth, der das Rennen im Jahr zuvor -zusammen mit Rolf Stommelen- gewonnen hatte, startete im Vorjahres-Siegerwagen, dem Porsche 908/4 Turbo. Sein Beifahrer war Volkert Merl. Rolf Stommelen fuhr Rennen in den USA und stand nicht zur Verfügung.

Mass im Porsche 936, der offiziell als 908/80 an den Start ging

Der Rallye-Weltmeister Walter Röhrl steuerte, zusammen mit Grohs und Schornstein, einen Porsche 935 - und bewies eindrucksvoll, daß er auf allem, was vier Räder hat, sauschnell ist. Allerdings war er von der Leistung des 750 PS starken 935 schon beeindruckt. Röhrl: ”Wir fahren im Training mit 750 PS. Für das Rennen sollen wir einen Werks-Motor bekommen, der hat dann mindestens 800 PS. Jesus!”

Weitere große Namen bei den Fahrern und Wagen komplettierten das hochwertige Starterfeld. F1-Weltmeister und Rallye-Weltmeister am Ring! Motorsport-Fan, was willst du mehr?

Training

Manfred Winkelhock fuhr den Gruppe-5-Capri in unglaublichen 7:18,48 min um den 22,835 km langen Kurs. Absoluter Gruppe-5 -Rekord! Damit war Bibi im Super-Capri satte 8,5 Sekunden schneller als der Porsche 936, gefahren von Jochen Mass. Die zweite Startreihe belegten die Werks-Lancia von Heyer/Ghinzani und Patrese/Cheever. Auf Startplatz 5 bereits Stuck mit seinem “Beifahrer” Nelson Piquet. Stuck, der Nordschleifen -Kenner, war klar schneller als Piquet. Logisch. Piquet fehlten Streckenkenntnisse. Nach einem Dreher mit dem M1 wusste Piquet z. B. nicht, in welche Richtung er die Strecke befahren musste. Also wartete er bis ein anderer Wagen vorbei kam um zu sehen, in welche Richtung es ging. Der GS-BMW wurde übrigens erst kurz vor der Veranstaltung fertig, und hatte vor der Veranstaltung noch keinen Testmeter zurück gelegt. Nach dem ersten Training bekam der Motor Temperaturprobleme. Ein neues Triebwerk aus München mußte her, und so wurde ein Mechaniker nachts mit dem Wagen nach München geschickt um einen neuen Motor, ein Versuchstriebwerk von Motoren-Papst Paul Rosche,  vom Werk abzuholen.

Walter Röhrl, der zweite Weltmeister im Feld, stand mit dem Porsche 935 auf dem 12. Startplatz. Lancia setzte einen Beta in der kleinen Division ein, um die maximale WM-Punktzahl zu erreichen. Es ging immerhin um die Markenweltmeisterschaft.

Rennen

Der Super-Capri starb schon im warm up, eine knappe Stunde vor dem Rennen. Manfred Winkelhock bemerkte, daß der Motor sehr zäh lief und fuhr langsam an die Box zurück. Im Ölfilter entdeckte man dann Späne - Lagerschaden. Feierabend. Winkelhock war regelrecht zerknirscht. Er wäre so gern gefahren.

Ohne den Super-Capri hatte der Jöst-936 leichtes Spiel. Jochen Mass fuhr den Start-Turn und setzte sich mit Riesenschritten ab. Drei Minuten betrug sein Vorsprung zeitweise. Dahinter balgten sich die Porsche, BMW, Lancia und Lola um die Plätze.

Noch in der ersten Runde gab es einen leichten Unfall. Der Lola T600 und der Coca-Cola-935 des Akin-Teams kamen sich zu nahe, was dazu führte, daß die Fahrt des 935 im Kesselchen beendet war. Der Wagen wurde, entgegen der Fahrtrichtung, am linken Fahrbahnrand abgestellt.

Der Porsche 908 des Brunn-Teams hatte zu Beginn des Rennens Probleme und fiel zurück, machte dann aber konstant Boden gut (siehe Rundentabelle). Es fing leicht an zu nieseln, aber wirklich naß wurde die Strecke nicht. Der Fahrer eines Porsche 930 drehte sich im Kesselchen, ohne aber groß anzuschlagen, als man ein schürfendes, eher schabendes Geräusch, dann einen dumpfen Knall hörte.

Herbert Müller war mit seinem Porsche 908 frontal in den stehenden Akin-Porsche 935 geknallt.

Unmittelbar nach dem Aufprall: Beide Porsche brennen

Qualm und Feuer bestimmten die Szene. Die Zuschauer, die den Aufprall direkt mitbekommen hatten, starrten schockiert auf die Unfallstelle. Andere Zuschauer kamen angerannt um die Szene dann stumm zu beobachten. Die Streckenposten reagierten präzise und schnell. Schon weit vor der Unfallstelle wurden direkt gelbe Flaggen geschwenkt. Kein nachfolgender Wagen sollte in die Unfallstelle, die sich hinter einer Kurve befand, fahren. Die hervorragende Planung und Arbeit der ONS-Rettungsstaffel wurde offensichtlich: Rund um die Strecke waren Wagen der ONS-Staffel verteilt.  Und so war ein ONS-Rettungswagen innerhalb einer Minute am Unfallort!

Der 908 verbrennt. Links im Vordergrund ein Regenschutz der Streckenposten.  Rechts ein ONS-Mann mit einem Feuerlöscher. Aber über 250 Liter Treibstoff lassen sich nicht löschen.

Der Porsche 935 von Bobby Rahal. Der Wagen fiel in der ersten Runde nach einem leichten Unfall aus. Seine Tanks waren fast voll.

Der Fahrer des KMW-Porsche kommt nach einer Vollbremsung in Probleme, schlägt aber nirgends an.  Manche Fahrer, wie der des Opel Monza, halten direkt an...

... andere Fahrer fahren zwischen dem R-Wagen der ONS und den Rettern an dem Feuer vorbei. Dazu muß erwähnt werden, daß kein Fahrer wußte, daß Herbert Müller noch im Wagen saß - und das Rennen war (noch) nicht abgebrochen.

Man schiebt den R-Wagen näher an das Feuer. Aber auch der große Bordlöscher des Rettungswagens hat gegen das Feuer keine Chance. Zu retten gab es eh nichts mehr. Herbert Müller, der vor dem Rennen von seinem “letzten Rennen” sprach, starb direkt beim Aufprall - wie Ärzte später bestätigten.

Ein Krankenwagen ist inzwischen eingetroffen. Das Rennen ist noch nicht offiziell unterbrochen. Die Fahrer des 936 und des 908 blockieren die Strecke und brechen das Rennen eigenständig vor Ort ab.

Die Rennleitung wunderte sich inzwischen, daß nur noch vereinzelt Fahrzeuge vorbeikamen. Nämlich die, die am Feuer vorbei gefahren waren. Ähnlich wie beim Lauda-Unfall 1976 gab es keine Informationen über den Unfall. Auch die Qualmwolke, die man dann sah, deutete nicht unbedingt auf einen schweren Unfall hin. Es hätte auch sein können, daß ein Wagen Feuer gefangen hatte und allein am Streckenrand verbrannte. Ein Grund, das Rennen abzubrechen war das nicht. Es als man erfuhr, was passiert war, brach man das Rennen sofort offiziell ab. Zu dem Zeitpunkt hatten die Fahrer das aber schon erledigt - siehe unteres Bild.

Die Strecke ist komplett blockiert. Im Hintergrund sind die Streckenposten zu erkennen, die unter Einsatz ihres Lebens die nachfolgenden Fahrer mit der geschwenkten gelben Flagge warnen. Geschockte Zuschauer beobachten die Szene.

Nebenbei: Unter den Zuschauern befand sich auch Manfred Winkelhock, der zur Unfallstelle kam um sich selbst ein Bild von dem Unfall zu machen.

Es gab später einige Schuldzuweisungen in alle Richtungen. Aber bei genauer Betrachtung gab es keinen Schuldigen. Die Rennleitung konnte nicht wissen was passiert war. Mobiltelefone gab es noch nicht, und die Funkverbindung war unterbrochen. Als bekannt wurde, was passiert war, brach man das Rennen sofort ab. Die Fahrer, die am Feuer vorbei fuhren, wussten nicht, daß noch ein Kollege im Auto saß. Und solange das Rennen nicht abgebrochen war taten sie, wofür sie gekommen waren: Rennen fahren. Die ONS und die Streckenposten leisteten erstklassige, tadellose Arbeit.

Warum Herbert Müller die Kontrolle über seinen Wagen verlor ist nicht bekannt. Herbert Müller, der den 908 in der neunten Runde von Siegfried Brunn übernommen hatte, kam schon mehrfach an der Stelle vorbei und kannte die Bedingungen.

Das Feuer ist abgebrannt, vom 908 ist, bis auf Teile des Motors und der Felgen, so gut wie nichts übrig geblieben. Die Fahrer, die zuvor auf der Strecke stehen blieben, fahren ihre Wagen zurück in den Start-Ziel-Bereich.

Nach dem Abbruch gab es Diskussionen, ob man das Rennen fortsetzen soll. Einige Fahrer, darunter Jochen Mass und Jürgen Barth, sprachen sich strikt dagegen aus.

Dazu Jochen Mass:

Das Rennen wurde nicht neu gestartet!

Renn-Ergebnis:

Aufgrund der zurückgelegten Distanz wurde nur die halbe Punktzahl vergeben.

Der Jöst-Porsche, der vorher weit in Führung lag, wurde nur Zweiter. Warum, ist nicht genau bekannt. Mass fuhr nicht auf dem Seitenstreifen am Feuer vorbei. Eventuell verlor man deshalb das Rennen.

Aber das spielte an dem Tag keine Rolle mehr.

Einige Jahre lang stand an der Unfallstelle von Herbert Müller dieses Kreuz. Irgendwann war es dann verschwunden.
 

Meine Rundenzähltabelle: Herbert Müller (3) holte stark auf, nachdem Teamkollege Siegfried Brunn anfangs zurück gefallen war. Jochen Mass hatte in der vorletzten -regulären- Runde einen Vorsprung von 2:16 min auf den M1.

Offiziell wurde das Rennen in der 18. Runde abgebrochen. Tatsächlich war das reguläre Rennen in der 15. Runde beendet.

Website über Herbert Müller